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Wenn Worte plötzlich schwerer wiegen – „toxisch“ und „Trigger“ im Alltag junger Menschen

Aktualisiert: 4. Apr.

Gedanken über Begriffe, die viel sagen – und manchmal noch mehr verbergen.


Manchmal höre ich Jugendliche sprechen, und ich bleibe an einem einzigen Wort hängen. Nicht, weil es neu wäre. Sondern weil es auf einmal so groß klingt. So endgültig. So klar.



„Das ist toxisch.“„ Ich war voll getriggert.“


Und ich frage mich dann: Woher kommt das? Wie wurde ein Gefühl, das vielleicht einmal nur „unangenehm“ war, plötzlich ein „Trigger“? Wie wurde ein Mensch, der vielleicht schwierig oder verletzend war, plötzlich toxisch?


Diese Begriffe sind überall. Sie wandern durch TikTok, Instagram, Memes, Serien, Podcasts. Sie haben sich in die Sprache der Jugend eingeschrieben, als wären sie schon immer da gewesen. Und sie haben Kraft. Sie benennen etwas. Etwas, das vorher vielleicht sprachlos war.


Wenn jemand sagt:


„Diese Freundschaft war toxisch“, dann steckt darin oft viel Schmerz. Vielleicht sogar Erleichterung, dass man es endlich sagen kann.


Oder:


„Das Gespräch mit meiner Mutter hat mich getriggert“ –da hört man, dass etwas berührt wurde, das weh tut. Etwas, das tiefer sitzt.


Aber manchmal frage ich mich auch:


Was passiert, wenn solche Wörter zu schnell kommen? Wenn sie die ganze Geschichte schon erzählen –bevor sie überhaupt gefühlt wurde?


Ich erlebe das öfter: Ein Konflikt ist kaum ausgesprochen, da heißt es schon: „Toxisch!“ Ein Gefühl kommt hoch – und wird sofort als „Trigger“ bezeichnet. Und plötzlich ist alles sortiert. Abgehakt. Weggeschoben.


Ich frage mich, ob das manchmal auch ein Schutz ist. Ein schneller Griff nach einem starken Wort, um nicht zu spüren, was da eigentlich gerade passiert. Nicht die Verwirrung. Nicht die Enttäuschung. Nicht das Bedürfnis, gesehen zu werden. Denn das ist es oft, was darunter liegt. Nicht nur Gift. Nicht nur Gefahr. Sondern Sehnsucht. Zuneigung. Ein verletztes Bedürfnis.


Toxisch – das klingt nach etwas, das man sofort meiden muss. Weil es einem schadet. Weil es einen kaputt macht. Weil es keine Rettung mehr gibt. Und ja – es gibt Beziehungen, Situationen, Worte, die wirklich tief verletzen. Die krank machen. Die Kontrolle ausüben, zerstören, klein halten.


Aber nicht alles, was uns schmerzt, ist automatisch toxisch. Manchmal ist es nur unangenehm. Oder unbequem. Oder einfach ehrlich. Und nicht jeder Trigger ist eine Gefahr. Manchmal ist ein Trigger auch eine Einladung. Hinsehen zu dürfen. Erkennen zu dürfen, wo noch etwas offen ist.


Ich glaube, diese Begriffe sind wichtig. Sie helfen, Erfahrungen zu benennen, die früher vielleicht weggeschwiegen wurden. Sie geben Sprache für das, was tief sitzt. Aber ich glaube auch, dass wir aufpassen müssen, dass sie nicht alles zudecken, was darunter noch lebt. Dass sie nicht jede Beziehung gleich in schwarz oder weiß verwandeln. Nicht jedes Gefühl zur Warnung machen.


Ich habe schon mit jungen Menschen gesprochen, die nach einem Streit mit der besten Freundin sagten:


„Sie ist toxisch. Ich hab sie überall blockiert.“


Und manchmal kam Wochen später ein ganz leiser Satz:


„Ich glaub, sie fehlt mir trotzdem.“


Oder sie sagen:


„Ich bin bei dem Thema voll getriggert, da kann ich nicht drüber reden.“ Und wenn man einfach nur da ist –wirklich da –dann reden sie doch. Leise. Zögerlich .Aber echt.


Ich glaube, manchmal brauchen wir weniger Wörter. Und mehr Raum. Mehr Stille. Mehr Menschen, die nicht sofort alles benennen –sondern einfach mitfühlen, und bleiben.



 
 
 

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